fredag 20. desember 2013

Trygve Gulbranssen und Deutschland

Norsk versjon

Trygve Gulbranssen: Und ewig singen die Wälder (1935), Das Erbe von Björndal (1936)

Trygve Gulbranssen ist der Mann hinter der Trilogie: Og bakom synger skogene (Und ewig singen die Wälder), Det blåser fra Dauingfjell (Es weht vom Totenberg) und Ingen vei går utenom (Es führt kein Weg vorbei) (Das Erbe von Björndal), die weltweit in über 12 Millionen Exemplaren verkauft worden sind. Diese bunte Familienchronik ist immer noch einer der größten Erfolge norwegischer Romanliteratur in Norwegen und im Ausland, und ist in über 30 Sprachen übersetzt worden. Nach dem zweiten Weltkrieg ist der Verfasser auf Grund falscher Voraussetzungen mit der Blut und Boden-Literatur der Nazis in Deutschland gleichgesetzt worden. Die christlich-humanistische Ethik der Romane steht im Gegensatz zu der Nazi-Ideologie der Zwischenkriegszeit.

   Aus verschiedenen Gründen versuchte eine kleine Clique kulturradikaler Kritiker in Skandinavien in der Zwischenkriegszeit, diesen Autoren und sein Werk zu stigmatisieren. Sie waren in einer Kampagne tonangebend, in der man die literarischen Qualitäten der Bücher verleugnete – Qualitäten, für die der Verfasser von einer überwältigenden Mehrheit bekannter und unbekannter Kritiker in allen Ländern, in denen die Bücher erschienen, gelobt wurde. Gleichwohl geht aus offiziellen Präsentationen in heutigen literaturgeschichtlichen Übersichten und Lexika hervor, daß der Verfasser von seinen Kritikern geschlachtet wurde. Jetzt kann dokumentiert werden, daß sich diese Darstellung auf falsche Grundlagen stützt, und daß es jetzt an der Zeit ist, diese Werke neu zu bewerten.

Der Verfasser Trygve Gulbranssen vor seiner Hütte. Dieses Bild ist zum ersten Mal in der illustrierten Gulbranssen-Biographie Manns plikt/Veslas egen beretning (Pflicht des Mannes/Der Bericht der Kleinen)(1) von Tore Hoel und Ragna Gulbranssen, Aschehoug 1997, veröffentlicht worden.

Einleitung 
Und ewig singen die Wälder, Det blåser fra Dauingfjell und Ingen vei går utenom (auf deutsch zusammen als: Das Erbe von Björndal) wurden vom Verfasser Trygve Gulbranssen geschrieben und in den Jahren 1933, 1934 und 1935 vom Aschehoug Verlag in Norwegen herausgegeben. Der erste Band der Trilogie bekam den Untertitel Noen historier fra 1760-årene til frem mot 1810 (Einige Geschichten von den 1760’er Jahren bis 1810) und berichtet von einem Walddorf, das weit von den Hauptstraßen liegt und der Familie, die auf dem großen Hof Björndal wohnt. Es ist eine Erzählung, in der Gulbranssen von wirklichen historischen Verhältnissen und Berichten aus seiner eigenen Familie ausging. Der heldenhafte Kampf des alten Dag mit Rachegedanken und Geldgier und für ein christlich-humanistisches Weltbild ist das Hauptmotiv der Bücher.
   Der Verfasser ist von norwegischen Volkserzählweisen inspiriert, gleichzeitig erschafft er seinen eigenen Chronikstil, indem er ländliche Ausdrücke und Redewendungen gebraucht, die dem Ganzen eine authentische Atmosphäre geben. Wenige haben ihm seine Erzählkunst mit Schilderungen der Natur, Menschen und Milieu nachgemacht.
  Gulbranssen schrieb seine Bücher in einem romantischen Stilideal, das von norwegischer Sagen- und Märchentradition inspiriert war. Es sind historische Romane, aber nicht alles ist historisch korrekt und nach Ort und Zeit genau zu bestimmen. Der alte Dag und der Hof Björndal hatten ihre Vorbilder in Akershus und Østfold, aber Gulbranssen brauchte sowohl Tannen- als auch Birkenwälder, Berge und rauschende Bäche für seine Schilderungen. Millionen Leser in aller Welt haben sich in diesem Erzählstoff wiedererkannt.

Trygve Gulbranssen und Bucherfolg 
Als der erste Band der Björndal-Trilogie 1933 in Norwegen herauskam, war dies der Anfang eines internationalen, märchenhaften Bucherfolges. Der norwegische Verlag Aschehoug deckte schnell seine Unkosten, und das Gerücht über einen Bestseller verbreitete sich noch schneller. Die beiden anderen Bände über den alten Dag und den Hof Björndal wurden 1934 und 1935 in Norwegen publiziert, und Trygve Gulbranssen wurde der mit Abstand meistverkaufte norwegische Verfasser seiner Zeit. Nach und nach wurde die Trilogie ein großer internationaler Erfolg, und zu einem Zeitpunkt vor dem Krieg brachten die Romane ihn auf einen vierten Platz in der Statistik über die am meisten verkauften Bücher der Welt.
   Die Bücher wurden schnell in mehrere Sprachen übersetzt, und 1935 konnte der Verfasser mit Verlegern in Dänemark, Finnland, den Niederlanden, England und Deutschland, mit Lizenzausgaben in Österreich und der Schweiz, Verträge abschließen. 1936 wurden die Bücher an einen amerikanischen Verlag verkauft. Er hatte auch in katholischen Ländern Erfolg und erhielt Verträge in Frankreich (1938), Italien (1940) und Spanien (1947). Es folgten Ausgaben in osteuropäischen, afrikanischen und südamerkanischen Ländern, so daß die Bücher heute in mehr als 30 Sprachen übersetzt worden sind. Über die Jahre hinweg hat im In- und Ausland eine Auflage die andere abgelöst. Und über 60 Jahre nach Erscheinen bekommen die Bücher über den alten Dag ständig neue Leser.
  Trygve Gulbranssen mußte durch den allzu frühen Tod der Schwester und des Bruders und den wirtschaftlichen Ruin des Vaters schon früh bittere Erfahrungen machen. Sein künstlerisches Wesen wurde in seinen Kinder- und Jugendjahren durch das harte und rohe Leben als Botenjunge geprägt. Er lernte, selber einer zu werden, der im Lebenskampf bestehen konnte. Die Moral in den Büchern ist die gleiche, die alle hart arbeitenden Menschen aller Schichten prägt. Die Gedanken über die veredelnde Wirkung harter Arbeit auf die Menschen und die Notwendigkeit, Stärke und Tauglichkeit im Alltag zu beweisen, sind Erkenntnisse, zu denen Gulbranssen durch seine eigenen Lebenserfahrungen gelangte. Der Verfasser erreichte die meisten seiner Leser, weil er eine Geschichte von solch allgemeinmenschlichen Erfahrungen aus erzählen konnte. Und er langweilte sie nicht. In den Jahren vor seinem Debüt entwickelte Gulbranssen eine erzählerische Begabung, die Aksel Sandemose ihn in einem Artikel in Aktuell 1948 zu einem der besten Verfasser seiner Zeit ausrufen ließ.(2)
  Aber Trygve Gulbranssens Romane waren nicht nur von seinen Gedanken über den Lebenskampf gefärbt. Er hatte früh das klare Gefühl einer Kontinuität, zu einer langen Reihe von Menschen zu gehören: Teil der Geschichte zu sein. Die Gedanken über das Geschlecht als Träger gewisser Werte und Menschentypen stehen zentral in der Trilogie. Das einzelne Leben ist nur ein Teil einer langen Reihe von Leben. Und das Leben endet nicht mit dem Tod. Der Mensch lebt in seinen Handlungen und seinem Geschlecht weiter.


Das Hauptgebäude des Hofes Hobøl in Eidsberg, in dem Trygve Gulbranssen von Weihnachten 1940 bis zu seinem Tod im Herbst 1962 wohnte. Er betrieb den Hof mit Hilfe von Koch, Dienstmädchen, Schweizer und Agronom.

Die Erzähltradition aus Frogn in Akershus, vermittelt durch die Mutter, gab Gulbranssen einen konkreten Ausgangspunkt für seine eigenen Gedanken über Leben und Tod, und sie gab ihm den Stoff, um seine Künstlerträume zu realisieren. Das Erbe wurde fortgeführt, und Trygve Gulbranssens Beitrag wurde die Schilderung des alten Dag und des Hofes Björndal, die allmählich durch die Lektüre der Bücher vielen Menschen ein Gefühl von Kontinuität und Zusammenhang im Leben geben sollte.
   Die Schilderung der Bauern von Björndal enthält Zutaten früherer Erzählkunst. Es wurde eine spannende Erzählung von Menschen in verhältnismäßig weit zurückliegender Vorzeit, gefärbt vom ideologischen Kampf und Zweifel der 1920’er und 30’er Jahre. Der alte Dag muß sich zu seiner christlichen Überzeugung durchkämpfen. Das entspricht dem ausgesprochenen Zweifel der Zwischenkriegszeit an religiösen Werten. Für die Bauern des 18. Jahrhunderts wären die christlichen Ideale eher als Selbstverständlichkeit erschienen, und nicht in gleichem Grade als Gegenstand des Nachdenkens. Gleichwohl sind sowohl Form als auch Inhalt der Romantrilogie von einer Erzähltradition gezeichnet, die für einzelne Verfasser bei Erscheinen der Bücher als ein zurückgelegtes Stadium galt. Wie gelang es Gulbranssen, den alten Idealen neues Leben zu geben? Wie gelang es ihm, dem uralten Thema der Philosophie und der Literatur: dem Problem des Lebens und des Todes etwas Neues und Interessantes abzugewinnen? Wie gelang es ihm, seinen Lesern hiervon ein unmittelbares und andauerndes ästhetisches Erlebnis zu vermitteln?
   Es kann schwierig sein, vollständig auf diese Fragen zu antworten, und ich will daher auf einen seiner deutschen Leser verweisen, der einer Antwort näher gekommen ist als die meisten. Hanns Ahrens schreibt Folgendes im "Literaturblatt", 9. September 1938:
  "Gulbranssen erzählt mit der Freude am einzelnen nun die lange und etwas romantische Geschichte der Björndals. Jeder Tag, so meint man, ist vom Dichter aufgezeichnet. Wir wollen damit sagen, daß Gulbranssen sehr gerne ins Detail geht. Er beschreibt Stimmungen seiner Menschen, die Landschaft, das Leben und Treiben auf dem Hof, als gelte es, ganz genau festzuhalten, was sich ereignet. Ein anderer Dichter würde sich diese Kleinmalerei nicht in dieser Form erlauben dürfen, weil er der Gefahr unterliegen könnte, zu breit zu malen und den Leser dadurch nicht genug in Spannung zu halten. Gulbranssen darf es. Und hier muß seine besondere Stärke liegen. Nie wird er langspurig oder – sagen wir es ruhig – langweilig. Wir glauben uns bei der Lektüre der Bücher zu erinnern, daß hierdurch gerade erreicht wird, uns ständig in Spannung zu halten, obwohl ja eigentlich von spannenden Dingen im landläufigen Sinne nicht die Rede ist. Er hat es auf eine meisterhafte Weise verstanden, uns hineinzuziehen in die Geschichte der Björndals, als sei es – mutatis mutandis –  unsere eigene Familienchronik, die er erzählt."

Aschehougs offizielles Porträt des Verfassers, das Ausgaben der Björndal-Trilogie im In- und Ausland schmückt. Das Bild wurde auch als Titelillustration zu Trygve Gulbranssen og kritikken, Aschehoug 1994, gewählt.

Trygve Gulbranssen und Deutschland 
Der deutsche Buchmarkt nahm Gulbranssens Bücher mit offenen Armen auf. Der renommierte Verlag Albert Langen-Georg Müller in München sicherte sich die deutschen Rechte an der Trilogie, die dann von Ellen de Boor in zwei Bänden ins Deutsche übersetzt wurde und mit den Titeln: Und ewig singen die Wälder (1935) und Das Erbe von Björndal (1936) erschien. Der erste Band war im Juli 1935 Buch des Monats im Deutschen Buch-Club, Hamburg. Der deutsche zweite Band enthielt sowohl Det blåser fra Dauingfjell (Es weht vom Totenberg) als auch Ingen vei går utenom  (Es führt kein Weg vorbei).
   Die Schilderung Mekkal Hoggers, die den letzten Band der norwegischen Ausgabe einleitet, wurde in der deutschen Ausgabe gekürzt, um die Handlung der zwei Bände zusammenzubinden, da diese ja zusammen herausgegeben wurden. Die Erzählung von Mekkal Hogger steht isoliert von der Haupthandlung als ein Zeugnis über einen armen Arbeiter. In Ingen vei går utenom wird aber berichtet, daß Mekkal der Vater Martin Hoggers ist, der den jungen Dag im Totenberg vom Tode rettete. Die Nymphenburger Verlagsbuchhandlung gab 1952 die Geschichte von Mekkal mit dem Titel Heimkehr nach Björndal heraus, mit Illustrationen von Øyvind Sørensen, der ein Freund Trygve Gulbranssens war. Diese Ausgabe erhielt bei Erscheinen eine Reihe guter Kritiken in der deutschen Presse.
   Die deutschen Rezensenten, die Und ewig singen die Wälder erhielten, waren noch positiver, als es die meisten norwegischen, schwedischen und dänischen Kritiker vor ihnen waren. Der Roman wurde als ein Meisterwerk bezeichnet, das Gulbranssen in die erste Reihe der skandinavischen Autoren stellte. Die Handlung war so wahrscheinlich wie das Leben selbst, aber auch genauso schreckeinflößend wie eine Saga. Gulbranssen wurde für seine Personenschilderungen gelobt, besonders für seine Frauenfiguren. Das Erzähltalent des Verfassers wurde hervorgehoben, das sich in einer eigenen, kraftvollen Sprache und starker Darstellungskraft äußerte. Unter mehreren anscheinend nazifreundlichen Rezensionen gab es auch in Deutschland Kritiker, die Gulbranssens Romane nach literarischen Kriterien beurteilten. Zum Beispiel schreibt die Signatur gb Folgendes in seiner Kritik des Buches in der Berliner Volkszeitung vom 14. Mai 1935:
  "Beste skandinavische Erzählertradition spricht aus diesem Roman. Selma Lagerlöf, Hamsun, Sigrid Undset scheinen Pate gestanden zu haben, als er entstand. Dennoch wirkt Gulbranssens Buch nicht als Abklatsch oder nachgefühlte Schülerarbeit. Sein schlicht erzähltes Epos von den Schicksalen eines eigenwilligen Bauerngeschlechtes ist eine durchaus eigene, geschlossene dichterische Leistung. Seine Helden sind Menschen mit menschlichen Eigenheiten, Fehlern und Vorzügen. Aber sie sind an keine fest umrissene Zeitepoche, an kein bestimmtes Land gebunden. Und diese Ueberzeitlichkeit der Gestalten, die Allgmeingültigkeit der Entwicklungen macht den Hauptwert des Buches aus. Es ist kein einseitiger Bauernroman, obgleich Hof, Sippe und Natur eine große Rolle spielen. Es ist kein 'Charakterroman', und zeigt doch klar die Irrwege des Herzens, Besinnung, Umkehr, innere Wandlung eines Charakters. Diesem herrschenden Grundmotiv der Zeitlosigkeit, das den Verfasser aber nie zu Unwahrscheinlichkeiten oder unlebendigen Konstruktionen führt, paßt sich ganz harmonisch die sehr schöne, echt epische Sprache an: Sie ist maßvoll ohne langweilig zu werden, klar und einfach, in jedem Satz dichterisch gestaltet."
   Die Deutschen waren begeistert von Gulbranssens Büchern, die für sie das Beste in einer bereits hochangesehenen skandinavischen Literatur repräsentierten. Diese Begeisterung führte auch zu neuen Höhen, was die Auflage betraf. In den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg und bis 1954 wurden nur in Deutschland 3,1 Millionen Exemplare der Gulbranssen-Bücher verkauft.
   Gulbranssen war sehr sportinteressiert und für seine philosophierenden Sportreferate in der Zeitschrift Idrætsliv (Sportleben), an der er Anteile besaß, bekannt. Wegen seiner schriftstellerischen Qualitäten und seines Bucherfolges wurde er von der größten norwegischen Zeitung Aftenposten als Korrespondent zu den Olympischen Spielen in Berlin 1936 eingeladen. In seinen beiden Artikeln über das Sportfest äußert er sich negativ über den Stechschritt und die Nazisymbole, die das Regime benutzte, um die Spiele propagandistisch auszunutzen. Seine Skepsis dem Arrangement gegenüber wurde noch verstärkt, als der Propagandaminister Goebbels während des Empfangs für die Journalisten behauptete, daß "der Führer nur ein Buch auf seinem Nachttisch habe: Gulbranssens Und ewig singen die Wälder!" (vgl. Pflicht des Mannes, S. 88) Nach diesen Worten verließ Trygve Gulbranssen den Empfang.
   Leif H. Henrichsen war zusammen mit ihm in Berlin, und er schreibt in einem Brief: "Das letzte der großen Sportereignisse, bei dem ich zusammen mit Gulbranssen als Korrespondent war, war die Berliner Olympiade 1936. Was er dort von der Propaganda und den Demonstrationen des Hitlerregimes sah, gefiel ihm gar nicht."
   Der Ruhm, der dem Verfasser in Deutschland zuteil wurde, ließ die deutschen Nazis versuchen, aus der Popularität des Bestsellerautoren Gewinn zu schlagen. Aber Gulbranssen hatte für Hitler und seine Kumpane nichts übrig, und er wies alle Annäherungsversuche ab, die später während der deutschen Besetzung Norwegens kamen.
   Nach der Niederlage der Nazis wurden in Deutschland Sanktionen gegen Verlage verhängt, die mit dem Naziregime sympathisiert hatten, darunter Langen-Müller – Gulbranssens deutscher Verlag. Obwohl die Björndal-Trilogie weder als nazi-inspiriert noch als nazi-freundlich interpretiert werden kann, und obwohl der Autor während des Krieges alle Einladungen zu Vortragsreisen nach Deutschland ablehnte, kam es zu sehr unglücklichen Folgen für sein literarisches Renommee. In der Literarischen Umschau heißt es 1962: "Diese elementare, mit volkstümlichen literarischen Mitteln hero[r]isierte Welt, die freilich auch in Norwegen der Vergangenheit angehört, hat Gulbranssen zu Beginn der dreißiger Jahre dem bürgerlichen Leser aller Länder angeboten. Er kam damit den besonders in deutschsprachigen Ländern neu aufgekommenen Idealen entgegen, […]" (vgl. Trygve Gulbranssen og kritikken, S. 122) Ohne daß Gulbranssen es auf irgendeine Weise verdient hätte, wurde er hier in Deutschland mit dem Naziregime der Vorkriegszeit über einen Kamm geschoren.

Die Kritiker der Zwischenkriegszeit 
Einige wenige skandinavische Kritiker versuchten, den märchenhaften Erfolg der Björndal-Trilogie zu stigmatisieren.(3) In Trygve Gulbranssen og kritikken und "Trygve Gulbranssen og kulturradikalerne" im Norsk Litterær Årbok 1997 kann ich aufzeigen, daß dieser Verfasser und sein Werk in der Zwischenkriegszeit von einzelnen Kritikern in schlechtes Licht gestellt wurde. Dies steht im Übrigen in scharfem Kontrast zu den sehr positiven Besprechungen, die die Bücher von anderen hochangesehenen norwegischen, schwedischen, dänischen, deutschen, englischen und amerikanischen Kritikern erhielten – überall, wo die Bücher erschienen, waren die allermeisten Rezensenten begeistert, vgl. meine veröffentlichte Magisterarbeit Trygve Gulbranssen og kritikken und die Gulbranssen-Biographie Manns plikt/Veslas egen beretning.
   Meiner Magisterarbeit lag ein positives Leseerlebnis zugrunde. Nach und nach entdeckte ich die Behauptungen in Literaturgeschichten, daß der Verfasser von den Kritikern verrissen wurde, und damit war mein Forschungsinteresse geweckt. Ich nahm zu Gulbranssens Verlag, Aschehoug, Kontakt auf und erhielt norwegische Rezensionen der Bücher aus den 1930’er Jahren, aber ich fand fast keine negativen Kritiken! Ganz im Gegenteil gab es viele, die teilweise überschäumend begeistert in ihren Charakteristiken der Bücher waren. Diese Entdeckung war der Ausgangspunkt meiner Abhandlung, die aus Anlaß des hundertsten Geburtstags des Verfassers 1994 veröffentlicht wurde.(4)
   In Trygve Gulbranssen og kritikken werden zum ersten Mal sämtliche norwegische Rezensionen von Gulbranssens Büchern analysiert. Hier zeige ich, wie der norwegische Kritiker Paul Gjesdahl in Tidens Tegn, 14. Oktober 1933, mit dem Titel: "Ogsaa en debut" (Auch ein Debüt) Gulbranssens Erstling Und ewig singen die Wälder wegen Mangels an Zeitbezug und Aktualität abweist. Er klagte Gulbranssen auch an, ein epigonenhafter Verfasser zu sein, der ein "unechtes" Buch geschrieben hätte. Es ist im  Übrigen nie versucht worden, diese Behauptung in irgendeiner Weise zu untermauern. Gulbranssen schrieb seine Bücher in einer romantisch-historischen Tradition, aber sowohl das Handhaben der Motive als auch der schriftliche Ausdruck sind ganz seine eigenen, mit der Eigenart, die man von einem schöpferischen Autoren erwartet. Dies wird von den allermeisten norwegischen Rezensenten bestätigt. Zum Beispiel schreibt T. Stamsø in seiner Rezension in Tønsberg blad, 24. November 1933:
   "Trygve Gulbranssen ist ein neuer Name in unserer Literatur, und laß’ es mit einem Mal gesagt sein, ein Name, der vielversprechend ist. Das Genre in seinem Debütbuch ist eine Renaissance der Bauernromantik. Man kann sagen, daß dies in unserer realistischen und skeptischen Zeit ein gefährlicher Weg ist, ein Weg, auf dem eine starke persönliche Linie und ständige Aufmerksamkeit geboten sind, um nicht auszugleiten in etwas, was zu seiner Zeit seine Berechtigung in unserer literarischen Entwicklung hatte, was aber heute leicht nach Glanzbildern und wirklichkeitsfernen Illusionen aussehen kann. Aber der neue Verfasser verrät die echte Fähigkeit, Romantik so zu erschaffen, daß sie neu und frisch wird, er hat etwas auf dem Herzen, Realitäten, die die starken Farben der Antike vertragen. [...]
   Das Großbauerngeschlecht auf Björndal hat viele hundert Jahre das Dorf beherrscht. Sie sind große Bärenjäger und die Inkarnation körperlicher und geistiger Kraft. In der Darstellung dieser Hünen kann der Autor seiner romantischen Ader freien Lauf lassen. Es schmeckt sehr nach Liedern von Riesen und Mystik fehlt ebensowenig.  Das Schicksal des Geschlechtes ist wie ein Naturgesetz festgelegt, - Vorhersagen gehen in Erfüllung wie in einem mittelalterlichen Roman. Aber diese Anklänge an das Übernatürliche sind keine billigen Hilfsmittel, um Spannung zu erzeugen, sie sind gut in die romantische Farbenpracht eingebettet, die das gesamte Buch prägt und haben auf seine Grundidee keinen Einfluß. [...]
   Diese Kombination aus Romantik und Realitäten ist mit sicherem Geschmack durchgeführt. Hier ist ein frischer Ton, der in Vielem neu erscheint."
   Einiges an der norwegischen Literaturkritik der Zwischenkriegszeit war klar ideologisch betont; man äußerte sich oft negativ über Literatur, die nicht modernistisch und kulturradikal war, vgl. Knut Imerslunds Darstellung in Norsk litteraturkritkk 1914-1945 (1970), wo er unter anderem behauptet: "Typisch für die Zwischenkriegszeit ist das starke Interesse an der Haltung, die jeder literarischen Äußerung zugrunde liegt, und dieses ideemässige und ideologische Bewußtsein wird von einem starken Glauben an Dichtung als sozialem, politischen oder sogar religiösen oder sprachpolitischen Faktor begleitet." Weiter charakterisiert er die kulturradikale Literaturkritik im Umfeld der Zeitschrift Mot Dag folgendermaßen: "Beide Gruppen [in Mot Dag, Anm. d. Verf.] bewerten nur diejenige Literatur positiv, die als Mittel im Kampf gegen 'das Bestehende' betrachtet werden kann. [...] Es ist nicht genug, daß die Dichtung sich an ein breiteres Publikum wendet. Sie soll auch an seiner Stelle im sozialen Kampf engagiert sein. [...] Oft finden wir bei diesen Kritikern fast schon allergische Reaktionen auf das, was sie als Versuche ansehen, die Wirklichkeit zu beschönigen. Alles Romantisieren und Idealisieren fassen sie als Flucht vor der Wirklichkeit auf." Auf der anderen Seite waren einige zum Teil sehr kritisch gegenüber einzelnen Zügen der neuen und modernistisch inspirierten Gegenwartsliteratur, vgl. Fredrik Ramms Artikel im Morgenbladet vom 28. Oktober 1931 mit dem Titel "En skitten strøm" (Ein schmutziger Strom).
    Nachdem der Debütroman bereits im Herbst 1934 in schwedischer Übersetzung erschien, erlebte der Autor auch in Schweden große Erfolge bei Kritikern und Publikum. Trotzdem geriet Gulbranssen in eine außergewöhnliche Lage, wie ich in meinem Artikel im Norsk litterær årbok zeigen kann. In Schweden wurde ein christlicher Literaturausschuß eingerichtet, der unter anderem auch Gulbranssens Roman empfahl, auf Kosten schwedischer Autoren, die Romane über die sexuelle Befreiung, inspiriert von Freuds Psychoanalyse, schrieben. Vergleiche E.W.O.s Artikel in Svenska Dagbladet vom 10. Februar 1935, und den Folgeartikel in der gleichen Zeitung am 12. Februar 1935 mit dem Titel "Flaute in schwedischer Unterhaltungsindustrie", in dem bekannte Persönlichkeiten aus dem schwedischen Kulturleben behaupteten, daß die Gegenwartsliteratur einen Tiefpunkt literarischer Qualität erreicht hätte. Der Pastor Bo Giertz drückt hier aus, wie Teile der schwedischen Gegenwartsliteratur innerhalb gewisser christlicher Kreise betrachtet wurden: "Der Haupteinwand gegen die gegenwärtige schwedische Literatur scheint der zu sein, daß sie in all ihrem Naturalismus unrealistisch ist. Der normale Schwede findet sich einfach nicht wieder in diesen Romanen mit ihren sexualbetonten Menschenrudimenten und ihrem monomanen Kreisen um die Geschlechtsproblematik."
  Der schwedische Kritiker Sven Stolpe verteidigte diese Literatur gegen die Empfehlungen des Literaturausschusses, da er meinte, daß dies ein Ausdruck von "Boykott und Zensur" der schwedischen Gegenwartsliteratur sei und ein Angriff auf die "dichterische Freiheit". Weil Und ewig singen die Wälder vom Ausschuß so sehr empfohlen wurde, nahm er dieses Buch als Zielscheibe seiner Angriffe auf den christlichen Literaturausschuß, vgl. Sven Stolpes Artikel in Fönstret, Nr. 5, 1935 mit dem Titel: "Magister Sundqvists litterära ideal".(5) Dies führte zu einer Debatte, in der Gulbranssens Werk auf sehr unglückliche Weise ins Zentrum gelangte. Die Meinungen wurden sehr extrem, und die Kulturradikalen in Schweden und Norwegen – gefolgt von Tom Kristensen in Dänemark – sahen es als notwendig an, ein Zerrbild dessen zu schaffen, von dem Gulbranssens Bücher handelten.(6) Sie wollten seinen Debütroman lächerlich machen, um damit wiederum die reaktionären Kräfte lächerlich zu machen, die die moderne Dichtung knebeln wollten, indem sie auf Gulbranssens romantisch-historische Romane als einzigen Standard literarischer Qualität wiesen. Diese Herabwürdigung ist weiterhin lebendig, und hat deutlich zu der Bekanntheit des Verfassers beigetragen.
   Durch die starke Wirkung dieser Kritiker auf das intellektuelle Leben der Zwischen- und Nachkriegszeit bildeten ihre undifferenzierten Behauptungen die Grundlage für offizielle Artikel über den Autoren in Lexika und literaturgeschichtlichen Nachschlagewerken sowohl in Norwegen als auch im Ausland.(7) Der Mythos wurde etabliert, daß das Werk von allen Kritikern in Norwegen und Skandinavien verrissen wurde. Aus Kjølv Egelands Darstellung  in Norges litteraturhistorie geht hervor, daß die Rezeption zunächst "kühl" war, um sich dann "parallel zu den Verkaufsziffern" zu Verrissen zu entwickeln. Philip Houm schreibt in Norges litteratur über die Verrisse der literarisch tonangebenden Kritiker, behauptet aber, daß Gulbranssens Werke am heftigsten in Schweden verrissen würden. In Aschehougs og Gyldendals store norske leksikon heißt es, daß "die heldenverehrenden und handlungsvollen Romane von den Kritikern nicht gnädig behandelt wurden, aber eine unermeßliche Popularität bei den Lesern erlangten." Die behauptete Diskrepanz zwischen Lesererfolg und Kritik trifft allerdings nicht zu. Meine Untersuchungen haben gezeigt, daß die negativen Kritiker eine verschwindend kleine Minderheit bilden, und daß sie Gulbranssen irreführend interpretierten und auf falscher Grundlage ablehnten.(8)  Die Mythen wurden später in ausländischen Übersichtswerken kopiert. Kindlers Literaturlexikon charakterisiert Gulbranssen immer noch als "epigonenhaft und bedeutungslos".

Abschlußbetrachtung 
In Trygve Gulbranssen og kritikken und in Manns plikt referiere ich neue Informationen über das Werk, die meinen Eindruck bestätigen, daß Gulbranssens Bücher von Teilen des literarischen Establishments auf Grund falscher Prämissen abgewiesen wurden. Die lange und seriöse Arbeit des Verfassers während des Entstehungsprozesses der Bücher führte zu einem Ergebnis, das von den meisten Kritikern der Zwischenkriegszeit unmittelbar anerkannt wurde. Ich möchte daher die einseitige und negative literaturgeschichtliche Besprechung dieses Werkes nuancieren, und arbeite zur Zeit an einer rezeptionshistorischen Darstellung von Gulbranssens Büchern in Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Deutschland, Großbritannien und den USA.(9)
   In der Lokalavisen Tønsberg vom 12. November 1997 wird eine Aussage des Literaturgeschichtlers Øystein Rottem in der Tunsberg Litterære Selskap referiert: "Die größten norwegischen Verfasser in unserer Gegenwart, wie Jan Kjærstad, Roy Jacobsen, Gunnar Staalesen und Ketil Bjørnstad, schreiben große epische Erzählungen und breit angelegte Gegenwartsromane. Wir erleben eine Renaissance, in der man in den Fußspuren Hamsuns und Duuns, von Sigrid Undset und Trygve Gulbranssen geht."
   Hier wird Gulbranssen im richtigen Zusammenhang erwähnt, in den ihn auch viele Kritiker der Zwischenkriegszeit stellten. Leider hat diese Aufwertung nicht ihren Weg in eine offizielle literaturgeschichtliche Darstellung der norwegischen Literatur zwischen den Kriegen gefunden. Bis auf Weiteres muß die Öffentlichkeit sich mit mehreren älteren und unzuverlässigen Darstellungen begnügen, die auch für die Literaturgeschichten in den Schulen als Basis dienen. Es besteht weiterhin ein lebendiges Interesse an Gulbranssens Romanen von jung und alt, und es erscheinen auch im Ausland ständig neue Ausgaben. Leider bildet immer noch eine vorurteilsvolle Ästhetik den Rahmen für das Lesen eines der größten Kritiker- und Verkaufserfolge in der norwegischen und skandinavischen Literatur.


Tore Hoel                                                                                                     Deutsch von Michael Peters 


Literatur: 
Die Romane Trygve Gulbranssens:
Og bakom synger skogene (1933) Und ewig singen die Wälder (1935)
Det blåser fra Dauingfjell (1934) ”Es weht vom Totenberg”
Ingen vei går utenom (1935) ”Es führt kein Weg vorbei”
Deutsch zusammen als: Das Erbe von Björndal (1936)
Aschehoug og Gyldendals store norske leksikon (1979)
Beyer, Harald og Edvard: Norsk litteraturhistorie (1978)
Beyer, Edvard: Norges litteraturhistorie, Band 5 (1983)
Brockhaus Enzyklopädie (1969)
Gyldendals store opslagsbog (1967) (Dänemark)
Hoel, Tore: Trygve Gulbranssen og kritikken ”T.G. und die Kritikk” (1994)
Hoel, Tore og Gulbranssen, Ragna: Manns plikt/Veslas egen beretning (1997) ”Pflicht des Mannes/Der Bericht der Kleinen”
Hoel, Tore: Trygve Gulbranssen og kulturradikalerne (Norsk litterær årbok 1997)
Houm, Philip: Norges Litteratur (1976)
Imerslund, Knut: Norsk litteraturkritikk 1914-1945 (1970)
Kindlers Literaturlexikon (1965-1974)
Svensk uppslagsbok (1962)

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Noten: 
1 Im Herbst 1997 gab Tore Hoel in Zusammenarbeit mit Trygve Gulbranssens Tochter, Ragna Gulbranssen, die offizielle Biographie Trygve Gulbranssens im Verlag Aschehoug mit dem Titel Manns plikt/Veslas egen beretning (Pflicht des Mannes/Der Bericht der Kleinen) heraus. In Manns plikt präsentiert Hoel den Mann und sein Werk – Jugend, Arbeitsleben, Weltanschauung, literarische Standpunkte und die Rezeption der Bücher. Im zweiten Teil, Veslas egen beretning, berichtet die Tochter über ihren Vater. Das Buch enthält auch Texte von Trygve Gulbranssen, die vorher nicht in Buchform veröffentlicht worden waren. Der Titel Manns plikt wurde gewählt, weil das Manuskript von Und ewig singen die Wälder ursprünglich mit diesem Titel beim Aschehoug Verlag eingereicht worden war.
  Die Gulbranssen-Biographie erhielt beim Erscheinen gute Kritiken. Turid Larsen in der Dagsavisen Arbeiderbladet schrieb unter anderem: "Hoels Biographie muß als starker Beitrag zu einer nüchternen und weniger mythenbehafteten Bewertung Trygve Gulbranssens und seines Werkes angesehen werden." Der Geisteshistoriker Christopher Hals Gylseth schrieb in Dagbladet: "In jedem Fall ist diese Biographie durchgehend zuverlässig, und man gewahrt eine kontinuierliche Stringenz hinter Hoels Darstellung." Professor Hans H. Skei, Universität Oslo, rezensierte die Biographie in Aftenposten folgendermaßen: "Hoel hält sich an Fakten, spekuliert nur ganz vorsichtig, und ist, soweit ich sehen kann, nachprüfbar in allem, was er schreibt. Es ist eine große Freude, mit einem Literaturforscher zu tun zu haben, der Fakten vorzieht, es aber auch nicht unterlässt, Erklärungsmodelle heranzuziehen, wo Fakten nicht ausreichen."

2 In diesem Artikel behauptet Sandemose, daß Trygve Gulbranssen in gewissen Kreisen, "die nie auf den Gedanken kamen, ihn zu lesen", die Rolle eines literarischen Sündenbocks erhielt. Der Artikel wurde auch in Sandemoses eigener Zeitschrift Årstidene, 6. Heft – Herbst 1953 mit dem Titel: "Gjensyn med Jante" (Wiedersehen mit Jante) gedruckt. Årstidene wurde 1999 von Aschehoug das erste Mal in Buchform als Teil von Sandemoses gesammelten Werken herausgegeben.

3 Paul Gjesdahl und andere in Norwegen, Sven Stolpe und andere in Schweden und Tom Kristensen in Dänemark.

4 Diese Abhandlung fußt in der Hauptsache auf Quellenmaterial vom Aschehoug Verlag und Trygve Gulbranssens privatem Ausschnittsarchiv, das die Tochter, Ragna Gulbranssen, mir freundlicherweise für diese Arbeit zur Verfügung stellten. Das gab mir die Möglichkeit, bibliographische Übersichten über unter anderem die gleichzeitigen Gulbranssen-Rezensionen auszuarbeiten: 191 norwegische, 53 schwedische, 7 dänische, 29 deutsche und 36 englischsprachige Originalartikel im vollen Wortlaut. Diese Texte repräsentieren ein einmaliges Forschungsmaterial, das zum ersten Mal in meiner Abhandlung, die hauptsächlich die norwegische gleichzeitige Rezeption behandelt, zugänglich gemacht wurde. Ohne diese Basis wäre es nicht möglich gewesen, meine rezeptionshistorische Untersuchung von Gulbranssens Kritikern durchzuführen.
  In Verbindung mit den Vorbereitungen zu meiner Doktorarbeit über die ausländische Rezeption von Gulbranssens Romanen ist das Quellenmaterial deutlich umfangreicher, vgl. Fußnote 9. Trygve Gulbranssen og kritikken enthält Ausschnitte aus positiven und negativen Kritiken, dazu bibliographische Übersichten. In Manns plikt sind einige ausgewählte Rezensionen in vollem Wortlaut wiedergegeben, und das Buch enthält außerdem viele Verweise zu weiterem Gulbranssen-Material. Auf meiner homepage unter der Netzadresse: http://www.forlag.net gibt es dazu eine Bibliographie anderer Sekundärliteratur zu Trygve Gulbranssen.

5 In meinem Artikel im Norsk litterær årbok gebe ich unter anderem Trygve Gulbranssens eigene Kommentare zu Stolpes Ausbruch wieder, in denen er seinen Kritikern Punkt für Punkt entgegentritt. Gulbranssen nahm selbst an der Debatte um sein Werk nie teil, und diese Kommentare fand ich während der Arbeit an der Biographie Manns plikt in seinem privaten Archiv. Diese Äußerungen sind nun der Öffentlichkeit zugänglich. In Manns plikt zitiere ich im Übrigen folgende Notiz des Verfassers:
   "Die Sportmentalität (die Elite) steht himmelhoch über der Mentalität der Literaturelite. Weder im Sport noch im Arbeitsleben habe ich so offenbares Wirken des niedrigstehenden Menschen [auf einer niedrigen Stufe stehenden Menschen] erlebt wie in der Literatur, seit ich begann, ihr im Detail zu folgen. (Stolpes und anderer Geschrei – Geistesterror – Geistesbüttel)
  Der Sinn der Dichtung soll dem Leben dienen, aber ab und an kann man den Sinn deutlicher zeigen, indem man ihn in Abstand zum Alltagsstreß und zur Gegenwart stellt. Das ist es, was ich probiert habe. In der Kunst kann das Einfache schwieriger sein als das Verwickeltste.
   Philosophie. Naivität in der Kunst. Die naive Hingabe in das Problem, den Sinn, das Gefühl, die Schilderungen gibt Ganzheit und Echtheit. Das Blasierte – das, was für eine gewisse Eigenintelligenzbewahrung mitten im Kunstwerk ficht, - das krankhaft intelligenz-blasierte Kontrollierende gibt nur einen menschlich-begrenzten Reflex der Begeisterung und Lust, die man zu geben fühlte.
  Ein echtes Kunstwerk entsteht nur in der naiven Hingabe während der Aufgabe in die Aufgabe hinein. Alles, was von außen, von oben kommt, gibt nur Halbes, selbst, wenn es blendend intelligent wirkt. – Im Übrigen sind alle Menschen naiv. Die Mehrzahl stumpf naiv, daher die Ausbeutung. Die Intellektualisten naiv mit sich selbst beschäftigt. [...]
   Die Kritiker – zu wenig Lebenserfahrung, Menschenkenntnis und Kenntnis der Realitäten des Lebens und der Wirklichkeit. Zu viel Buchmenschen [reolister] statt Realisten – kindisch in den allerwichtigsten Fragen, hilflos außerhalb ihres 'Pensums' (enger Bezirk) und mangelnde Fähigkeit, selbst zu denken. [...] So komme ich in die geistesschwache Lage, daß es mit großem Erfolg beginnt – und damit der große Neid und die Verfolgung besonders hier zu Hause, die auch im Ausland wirkt."

6 Tom Kristensen nannte seine Rezension in Politiken vom 6. November 1935 "En Lattersukces" (Ein Lacherfolg).

7 Vgl. Aschehougs og Gyldendals store norske leksikon (1979), Gyldendals store opslagsbog (1967) (Dänemark), Svensk uppslagsbok (1962) und Brockhaus Enzyklopädie (1969).

8 Unter anderem hat Sven Stolpe folgende Kraftsalven in seinem Artikel in Fönstret: "Ein von der verständigen Kritik in Norwegen abgelehnter Dutzendschreiber [...] Boxbrutalität und bilderreiche Maskerade als nordische Kraftdichtung [...] dieser wahrhafte Mädchenroman [...] ein Buch, dessen Inspiration ein nuancenloser Bauernhaß auf die Oberklasse ist [...] Bemerke die Naivität des Verfassers. Er begreift nicht [...] unter der verlogenen Oberfläche [...] Es ist intellektuell, literarisch und moralisch minderwertig [...] Reiner Schwindel mit der künstlerischen und moralischen Welt." Im Weiteren wird der christliche Literaturausschuß angegriffen: "Die Initiative der Kirchlichen ist ein barbarisches Unterfangen, gegründet auf Naivität und Unkenntnis [...] Der Kampf wird fortgesetzt. Ohne Gegenwehr soll diese schwarze Reaktion nicht die Herrschaft über die schwedische Literatur und die schwedische Volksbildungsarbeit erlangen."

9 Das Quellenmaterial besteht aus 311 deutsprachigen und 373 englischsprachigen Rezensionen von Gulbranssens Büchern beim ersten Erscheinen in Deutschland und in den USA, außerdem 195 Artikel aus Schweden, 72 Artikel aus Großbritannien, 50 Artikel aus Dänemark und 26 Artikel aus den Niederlanden.


Artikkelen er gjengitt med tillatelse fra de etterlatte.

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